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Die Fähigkeit, Medikamente abzubauen und auszuscheiden, hängt von einigen wichtigen Enzymen der Leber ab (Enzyme sind Proteine – Eiweiss-Substanzen-, die den Stoffwechsel steuern). Durch diese Enzyme werden Medikamente (vor allem in der Leber) chemisch verändert, so dass sie vom Körper mit dem Urin oder mit dem Stuhlgang ausgeschieden werden können. Aufgrund dieser „entgiftenden“ Funktion werden diese der Medikamenten-Ausscheidung dienenden Enzyme daher auch als „Entgiftungs-Enzyme“ bezeichnet, ihre Fachbezeichnung lautet CYP450-Enzyme.

 

Die Leistungsfunktion der Entgiftungs-Enzyme ist aufgrund genetischer Unterschiede von Person zu Person sehr unterschiedlich. Bei mehr als 30 Prozent der Bevölkerung haben die CYP450-Enzyme eine mittelgradig verminderte, bei weiteren zehn Prozent eine extrem verminderte Leistungsfähigkeit. Diese 40 Prozent der Bevölkerung weisen aufgrund dessen auch eine entsprechend verminderte Medikamentenverträglichkeit auf. […]

 

Der „Normaltyp“ bei der Entgiftungsleistung, auf den sich die Dosis-Empfehlungen bei Medikamenten beziehen, ist in der Bevölkerung also nur bei etwa 60 Prozent vertreten. Diejenigen Personen, die zur 30-Prozent-Gruppe der so genannten „mittelschwachen Entgifter“ gehören (in der Fachliteratur als „intermediate metabolizer“ bezeichnet), weisen eine bis zu vierfach verminderte Entgiftungsleistung auf. Diese 30 Prozent der Bevölkerung brauchen bei bestimmten Medikamenten eine deutlich geringere Dosis. Jene, die zur Zehn-Prozent-Gruppe der Bevölkerung der sogenannten „schwachen Entgifter“ zählen (in der Fachliteratur als „poor metabolizer“ bezeichnet), verfügen über eine bis zu 100fach (!), also extrem verminderte, Entgiftungsfähigkeit. Diese Personen dürfen von einigen Arzneien nur drastisch verminderte Dosen erhalten, um angesichts ihrer verminderten Medikamenten-Ausscheidung nicht vergiftet zu werden. […]

 

Eine kleine Gruppe innerhalb der Bevölkerung zeigt Abweichungen in die entgegengesetzte Richtung, die ebenfalls genetisch begründet sind: Etwa zwei Prozent der Bevölkerung gehören zu den „überstarken Entgiftern“ (Fachausdruck: „rapid metabolizer“). Bei ihnen sind im Falle einer Medikamentenbehandlung höhere Tagesdosen erforderlich. Auch sie erhalten jedoch die Einheitsdosierungen, was dazu führt, dass bei bestimmten Medikamenten die von Arzt und Patient erhoffte Wirkung niemals auftreten kann. Stattdessen werden diese Patienten vom Arzt oft zu Unrecht verdächtigt, sie hätten die Medikamente nicht eingenommen.

 

Bei Personen, die zum Typ der „schwachen“ oder „mittelschwachen Entgifter“ zählen, kann es bei Psychopharmaka, deren Ausscheidung von den „Entgiftungs-Enzymen“ abhängt, innerhalb weniger Tage zu überhöhten Konzentrationen des Medikaments mit dementsprechend unerwünschten Nebenwirkungen kommen. Zusätzlich kompliziert wird die Situation dadurch, dass die Einnahme mehrerer Medikamente die „Entgiftung“ und Ausscheidung anderer hemmen oder blockieren können.

 

Wechselwirkungen mit dem „CYP450“- Entgiftungssystem sind bei sämtlichen Substanzgruppen der heute in Gebrauch befindlichen Psychopharmaka zu beachten. […]

 

Einer sehr grossen Zahl von Patienten werden täglich stark wirksame Psychopharmaka und andere Medikamente verschrieben, ohne dass der Verträglichkeitstyp bestimmt wurde. Insofern kann es nicht überraschen, dass verschiedene Experten wie vor kurzem z.B. David Bates von der Universitätsklinik in Toronto in einem renommierten US-Journal darauf hinweisen, dass Folgen von Arzneimittel-Unverträglichkeiten in der Klinik zu den häufigsten Todesursachen zählen. Kaum geringer dürften die Probleme im Bereich der ambulanten Versorgung sein, über den zu dieser Frage keine Untersuchungen vorliegen.

 

Es besteht daher eine klar begründete Notwendigkeit, die individuelle Medikamentenverträglichkeit eines Patienten zu bestimmen, bevor man eine Medikamententherapie mit einem Mittel einleitet, das der Entgiftung und Ausscheidung durch eines der relevanten Enzyme unterliegt. […] Obwohl die Bestimmung des Entgiftungstyps eines Patienten mittels moderner diagnostischer Methoden technisch ebenso schnell möglich wäre wie die Bestimmung einer Blutgruppe, existiert innerhalb der medizinischen Versorgung hierfür keine Infrastruktur. Für den Patienten würde die Diagnostik lediglich eine einmalige, kleine Blutabnahme bedeuten, so wie sie auch bei jeder anderen Laboruntersuchung vorgenommen wird.

 

Eine Diagnostik zur Bestimmung des Typs der Medikamentenverträglichkeit, die nur ein einziges Mal vorgenommen werden müsste und in den Blutgruppenausweis eingetragen werden könnte, wird von Medikamenten-Experten wie z.B. Matthias Schwab, Ulrich Zanger und Michel Eichelbaum von der Stuttgarter Robert-Bosch-Klinik seit Jahren empfohlen. […] Die Kosten einer lediglich einmal notwendigen Diagnostik würden aufgrund der dadurch verbesserten Behandlung und der Vermeidung von Nebenwirkungen um ein Vielfaches wieder eingespielt. Während die Widerstände der pharmazeutischen Industrie gegen eine solche obligatorische Diagnostik vor einer erstmaligen Medikamentenabgabe vielleicht verständlich sein mögen (sie befürchten eventuell wirtschaftliche Einbussen), kann man über die Haltung der Kostenträger, der Politik und der Ärzteschaft, die Verantwortung für die Gesundheit der Bevölkerung tragen, nur staunen. Während die Bedeutung vererblicher Genabweichungen von vielen Ärzten sonst nicht oft genug betont (und meist völlig überschätzt) wird, trifft man hier, wo die Bestimmung einer genetischen Erbvariante ausnahmsweise tatsächlich einmal von grösster Bedeutung für die Gesundheit des Patienten ist, auf weitgehendes Desinteresse.

 

Aus dem Buch „Das Gedächtnis des Körpers“, Joachim Bauer, aktualisierte und erweiterte Ausgabe, 2018, PIPER

Link zu Interview mit Joachim Bauer: https://www.youtube.com/watch?v=VcBHhEDSwbo

 

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The Happy Pill https://www.alternativenzurpsychiatrie.ch/2019/08/the-happy-pill/ https://www.alternativenzurpsychiatrie.ch/2019/08/the-happy-pill/#respond Wed, 21 Aug 2019 19:05:43 +0000 https://www.alternativenzurpsychiatrie.ch/?p=7796

Silje Marie Strandberg wurde mit 16 aufgrund einer „depressiven Verstimmung“ in die Psychiatrie eingewiesen und dort mit Antidepressiva behandelt. Drei Tage nach Einnahme der Antidepressiva begann sie zum ersten Mal in ihrem Leben Stimmen zu hören und wurde stark suizidal. Darauf bekam sie zusätzlich Neuroleptika verabreicht. Sie wurde innerhalb von 10 Jahren in der Psychiatrie mit: Elektrokrampftherapie, 5 verschiedenen Antidepressiva, 11 verschiedenen Antipsychotika (Neuroleptika) und 7 weiteren Medikamenten (u.a. Antiepileptika) behandelt. Eine Besserung stellte sich nie ein. Im Gegenteil: ihre psychische Verfassung wurde immer schlechter.

 

Dank der Unterstützung eines Psychologen und der Begegnung mit einer Pflegerin welche an Silje Marie glaubte und sie nicht als einen „Fall“ sondern als einen Menschen sah, begann eine Veränderung.


Silje Marie Strandberg lebt heute ohne jegliche Medikamente und ist gesund. Sie rollt im Film ihre „Krankengeschichte“ auf und recherchiert intensiv über die Wirkungen und Nebenwirkungen der Medikamente. Was vorher eine Vermutung war kristallisiert sich immer deutlicher heraus: die medikamentöse Behandlung hat Silje Marie Strandberg krank gemacht.

 

Ein Film der erschüttert aber auch Hoffnung macht. Er zeigt auf wie heilsam eine Beziehung von Mensch zu Mensch ist!
Und: wie wichtig es ist den Beipackzettel der Medikamente genau durchzulesen und sich, wenn möglich zusätzlich auch noch im Internet zu informieren.

 

Hier die Website zum Film: https://www.thehappypillfilm.com


Passend dazu ist auch dieser 3Sat- Beitrag: Tod auf Rezept

 

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